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Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05

Bibliografische Daten

fullscreen: Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Kultur
Untertitel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
Publikationsort:
Dornbirn
Verlag:
Verein KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048
Strukturtyp:
Band
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05
Veröffentlichungsjahr:
2020

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048_2020_05

Artikel

Strukturtyp:
Artikel
Autor:
Bertel, Ingrid
Titel:
"Das stehen wir nur eine begrenzte Zeit durch"
Beteiligte Personen:
Bertel, Ingrid

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Kultur
  • Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05
  • Titelseite
  • Inhaltsverzeichnis
  • Corona-Krise - Abgang, (Sonnen-)Aufgang, Absage ...
  • "Wir sind nicht der Nabel der Welt, aber ein Fenster in die Welt!"
  • "Demokratie lebt aber von der Luft, vom Offenen, auch vom Risiko des Lebens."
  • Bildungspolitik in Coronazeiten - ein Chaos!
  • Innovativ-kreatives Musik- und Kulturerleben mit Abstand
  • Kunst, die das Jetzt abbildet
  • Individualverkehr versus öffentlicher Verkehr
  • Programmverschiebungen und Ausstellungsverlängerungen
  • Fette, aufgeblasene Kommentare zur Konsumgesellschaft
  • "Mit Siebenmeilenstiefeln in die Moderne"
  • Vom Wasser ins Internet
  • K3 Kulturvermittlung mit Lehrlingen
  • "Das stehen wir nur eine begrenzte Zeit durch"
  • Grenzen durch Bewegung überwinden
  • Zwischen den Stühlen
  • Von anagrammierten Graffitis, leeren Keramiksprechblasen und kooperativen Modellen
  • Großes Theater von Kindern und Jugendlichen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
  • "Windwerk" schafft einen neuen künstlerischen Entfaltungsraum
  • Augenblick verweile ...! Schafft Spielraum!
  • CD-Tipps
  • Ein unvergleichlicher Schatz
  • Vorletzte Seiten

Volltext

46© Anja Köhler — Kultur Juni 2020 
Wie alle Kulturveranstalter wird auch das Vorarlberger Lan- 
destheater, das kürzlich den Spielplan für die nächste Saison 
2020/2021 präsentierte, durch die mit der Corona-Krise ver- 
bundenen Einschränkungen und Maßnahmen vor große Auf- 
gaben gestellt. Im Folgenden ein Gespräch zum Stat us quo mit 
der Stephanie Gräve, der Intendantin des Vbg. Landesthea- 
ters. 
Ingrid Bertel � Die Th eater s tehen vor einer Situation, die 
es zuvor noch nie gegeben hat. Gerade das, was Theater aus- 
macht: das Zusammensein vieler Menschen in einem Saal, ist 
über Monate hinweg nicht möglich. Es gab auch über Monate 
hinweg keine klaren Ansagen dazu, wie die Theater mit dieser 
Situation umgehen k önnen. Gibt es jetzt Handlungsmöglich- 
keiten? Wo liegen die Herausforderungen? Welche Wunsch- 
und Schreckensszenarien wurden entwickelt? 
Stephanie Gräve � Vorweg: dass es lang keine Ansagen gab, 
was diese Pandemie für die Theater bedeuten wird, liegt in der 
Natur der Sache – das ist niemandem vorzuwerfen. Denn ja: 
Eben das, was für uns „raison d‘être“ ist, die physische Koprä- 
senz, ist durch Covid-19 zur Gefahr geworden. Wir müssen 
nun lernen, wie wir einander achtsam wieder begegnen kön- 
nen. Im Juni dürfen wir nur für 100 Menschen öffnen, das zeigt 
schon das P roblem: Würden wir den Repertoirebetrieb hoch- 
fahren, wäre es der finanzielle Ruin. Wir planen ein kleines 
Programm als Gruß ans Publikum und hoffe n, dass im Sep- 
tember die Abstandsregelungen im Zuschauerraum nicht mehr 
gelten, denn wenn wir jeden zweiten Platz frei lassen müss en, 
bringt das Verluste; das stehen wir nur eine begrenzte Zeit 
durch. Meine größte Angst ist allerdings: Dass es eine zweite 
Welle plus Lockdown gibt. 
Zukunftssorgen 
Bertel � Die aktuelle Situation ist auch wirtschaftlich 
schwierig. Wie gelingt es dem Landestheater, das Ensemble 
aufrecht zu erhalten, laufende Kosten zu deck en, in die Zukunft 
zu planen? 
Gräve � Wir sind das kleinste Landestheater in Österreich 
mit gut 4 Mio. Euro Landesmitteln; den vorletzten Platz hat 
St. Pölten mit etwa 5 Mio. Andere Schauspielhäuser wie Graz 
oder Konstanz gegenüber am See haben das Doppelte. Natür- 
lich: In der augenblicklichen Lage ist es, verglichen mit freien 
Künstler*innen, ein Privileg, diese gesicherte Finanzierung zu 
hab en, wir können die Fixkosten und die Gehälter bezahlen. 
Nur geht eben der entscheidende Teil für diese Kosten drauf; 
um Regieteams für die nächs ten Produktionen engagieren zu 
können, brauchen wir Einnahmen. Wenn die durch Schließung 
oder Platzreduktion wegfallen, können wir irgendwann nicht 
mehr produzieren und spielen. Da hilft im Momen t die Kurz- 
ar beit, Einnahmeverluste auszugleichen. Was die Zukunft an- 
geht, bin ich schon besorgt; Markus Wallner sagte im Inter- 
view, dass überall mit Reduktion zu rechnen sei. Ich bin da 
zerrissen: Wir alle wollen in der Krise solidarisch sein, nur ist 
es so, dass Einsparungen bei uns immer Menschen treffen. 
Unsere Bühnenbildkosten z. B. sind gering, wenn wir 10 % 
einsparen, sind das aufs Jahr kaum mehr als 5.000 Euro. Merk- 
lich sparen können wir nur, indem wir weniger freischaffende 
Künstler*innen engagieren – Menschen, die ohnehin hart ge- 
troffen sind. Jede Einsparung bei uns würde konkreten Künst- 
ler*innen einen Teil der Existenzgrundlage entziehen, und 
dieses Wissen ist schmerzhaft. 
Berte l � Zuschauer*innen mit Abstand, Theaterabende ohne 
Pause, in der sich Besucher*innen austauschen können – das 
würde bedeuten, dass dem Theater vieles von dem weggenom- 
men wird, was es ausm acht: ein Ort der Geselligkeit und der 
Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Fragen zu 
sein. Wie sehr wird das Wesen des Theaters durch die aktuel- 
le Situation verändert? 
Gräve � Ein Schreckensszenario! Das Theater ist sozialer 
Ort und Ort für den gesellschaftlichen Diskurs; würde extre- 
me Distanzierung zum Dauerzustand, würden wir unsere See- 
le verlieren. Es muss eine andere Lösung geben, einen Impf- 
stoff, ein Medikament – daran müssen wir glauben, denn sonst 
wird unser Leben verarmen. Schon die Bilder der letzten Tage 
aus größeren Städten zeigen: Es will der menschlichen Spe- 
zies nicht dauerhaft gelingen, Distanz zu halten. Nähe ist ein 
Grundbedürfnis. 
Der neue Spielplan 
Bertel � Der Spielplan 20/21 beschäftigt sich – die wirt- 
schaftliche Rezession voraussehend – mit dem Thema „reich 
und arm“. Welche Akzente wer den hier gesetzt? 
Gräve � Wir eröffnen mit Büchners „Woyzeck“, in der mu- 
Stephanie Gräve: „... würde extreme Distanzierung zum 
Dauerzustand, würden wir unsere Seele verlieren.“ 
„Das stehen wir 
nur eine begrenzte 
Zeit durch“ 
Ingrid Bertel 
Interview mit der Intendantin des Vbg. Landestheaters   
Stephanie Gräve
	        

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