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Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05

Bibliografische Daten

fullscreen: Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Kultur
Untertitel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
Publikationsort:
Dornbirn
Verlag:
Verein KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048
Strukturtyp:
Band
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05
Veröffentlichungsjahr:
2020

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048_2020_05

Artikel

Strukturtyp:
Artikel
Autor:
Pichler, Karlheinz
Titel:
Fette, aufgeblasene Kommentare zur Konsumgesellschaft
Beteiligte Personen:
Pichler, Karlheinz

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Kultur
  • Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05
  • Titelseite
  • Inhaltsverzeichnis
  • Corona-Krise - Abgang, (Sonnen-)Aufgang, Absage ...
  • "Wir sind nicht der Nabel der Welt, aber ein Fenster in die Welt!"
  • "Demokratie lebt aber von der Luft, vom Offenen, auch vom Risiko des Lebens."
  • Bildungspolitik in Coronazeiten - ein Chaos!
  • Innovativ-kreatives Musik- und Kulturerleben mit Abstand
  • Kunst, die das Jetzt abbildet
  • Individualverkehr versus öffentlicher Verkehr
  • Programmverschiebungen und Ausstellungsverlängerungen
  • Fette, aufgeblasene Kommentare zur Konsumgesellschaft
  • "Mit Siebenmeilenstiefeln in die Moderne"
  • Vom Wasser ins Internet
  • K3 Kulturvermittlung mit Lehrlingen
  • "Das stehen wir nur eine begrenzte Zeit durch"
  • Grenzen durch Bewegung überwinden
  • Zwischen den Stühlen
  • Von anagrammierten Graffitis, leeren Keramiksprechblasen und kooperativen Modellen
  • Großes Theater von Kindern und Jugendlichen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
  • "Windwerk" schafft einen neuen künstlerischen Entfaltungsraum
  • Augenblick verweile ...! Schafft Spielraum!
  • CD-Tipps
  • Ein unvergleichlicher Schatz
  • Vorletzte Seiten

Volltext

32© Erwin Wurm — Kultur Juni 2020 
Nicht nur das Kunsthaus Bregen z (KUB), sondern auch der 
Kunstraum Dornbirn wartet im Juni mit einer Ü berr aschu ng 
auf. Da die Atelier-Van-Lieshout-Ausstellung aufgrund der 
Covid-19-Situation auf September verschoben wurde, wird 
eine Skulpturenschau von Erwin Wurm eingeschoben. Un- 
ter dem Titel „Big“ präsentiert der Kunstraum in seiner Mon- 
tagehalle eine Auswahl an Arbeiten des 1954 im steir i schen 
Bruck an der Mur gebor enen Künstlers aus der Serie der „Fat 
Sculptures“, darunter das „Fat House“ und den „Fat Mini“, die 
im Zentrum der Schau stehen. Weiters werden laut Thomas 
Häusle und Gerald Matt, die die Ausstellung kuratieren, die 
Skulptur „Butter“, ein deformierter Kühlschrank aus der Se- 
rie der „Performative Sculptures“ sowie Objekte aus der Se- 
rie „Weapons“, zwei Pistolen der Firmen Walther und Glock , 
die Erwin Wurm in seine r typischen Art und Weise künstle- 
risch verfremdete, zu sehen sein. Eine seiner berühmten 
„One M inute Sc ulpt ures“ soll im öffentlichen Raum Dorn- 
birns aufgestellt werden. 
Expansion als gestalterisches Mittel 
Erwin Wurm, der in Wien wohnt und im niederösterrei- 
chischen Limberg, wo er über ein großes Atelier verfügt, 
arbeitet, setzte sich schon in den 1980er Jahren mit der Ex- 
pansion als gestalterischem Konzept auseinander. Wurm über 
das Prinzip der Ausdehnung: „Bildhauerei ist Arbeit am Vo- 
lumen … Zu- und Ab nehmen ist Bildhauerei.“ (Erwin Wurm 
im Kata log zur Ausste l lung „Private Wurm“ im Essl-Museum 
2010, S. 70) Für e normes Aufsehen rund um den Glo bus sorg- 
te er in diesem Zusammenhang speziell mit seinen „Fat Sculp- 
tures“, die er Anfang der 2000er Jahre entwickelte. Status- 
symbole, auch k leinbürgerlicher Art, wie etwa das Einfami- 
lienhaus oder das Auto, blähte er auf und verfettete sie. Be- 
sond ers skurril und verrückt mutet dies beim Auto an, das ja 
als Symbol der Mobilität gilt. Durch das enorme Volumen 
wird das Auto de facto unbeweglich und zu einem grotesken, 
adipositären Vehikel, wie auch der „Fat Mini“ belegt. 
Fat Cars 
Der Aufwand, der betrieben werden muss, um solche fetten 
Monster zu realisieren, die auch beim w eniger kunstaffinen 
Publikum gut ankommen, ist beträchtlich. Wurm hievt das 
Auto durch Materialaufschichtungen in einen anderen Zu- 
sta nd. So wird Polyester in vielen Schichten aufgetragen und 
abgeschliffen, und die Außenhaut muss technisch perfekt 
lackiert und poliert werden. Dazu kommt der immense Ma- 
terialaufwand, denn tatsächlich stecken in den Skulpturen 
echte Autos drinnen. 
Ein interessa nter Nebenaspekt ist, dass die neu eren „Fat 
Cars“ vom Vorarlberger Künstlerkollegen Wurms, Roland 
Adlassnigg, produziert w erden. Als „Auftragsfertigung“ für 
Wurm stammt beispielsweise ein „Fat Ferrari“ aus Adlass- 
niggs Werkstatt. Der Rankweiler Bildhauer und „Art Sup- 
porter“ brachte einen Ferrari, das Symbol für Geschwindig- 
keit, in vielen A rbe itssch ritten zum Stillstand. Der Clou am 
„aufgepumpten“ fabriksneuen Ferrari ist, dass er wieder fahr- 
bereit wäre, würde man ihn wieder „entfetten“. Auch der „Fat 
Mini“ trägt eine „Fabrikationsnummer“ der Werkstätte Ad- 
lassnigg. 
Mit seinen „Fat Sculpt ures“ , den ma ssigen und verfetteten, 
aufgedunsenen oft auch k leinbürgerlichen Statussymbolen 
des Wohlstands liefert Erwin Wurm bissige, zynische und 
oft auch scharfsinnige Kommentare zur herrschenden Kon- 
sumgesellschaft. 
Fat House 
In diese Kategorie fällt, neben den verformten Walther- und 
Glock - P istolen, auch Wurms „Fat House“. In seiner Form ist 
dieses Kunstwerk einem gewöhnlichen Vorstadthaus nach- 
empfu nden, mit rotem Ziegeldach in Sattelbauweise,  einer 
zentralen Eingangstür und zwei seitlichen Fenstern auf der 
Fassade. Die w eißen Wände w ölben sich j edoch nach außen 
und verleihen dem Haus sein aufgequollenes, „fette s“ Erschei- 
nungsbild. Die Skulptur besteht aus Polystyrol und einem 
tragenden Gerüst aus Eisen und Aluminium.  Ein Video im 
Inneren der Skulptur zeigt eine Computeranimation des spre- 
chenden Hauses, das über existentielle Fragen monologisiert 
und dabei seine eigene Ästhetik und Funktion in Frage stellt. 
Im Kunstraum Dornbirn war 2011 schon einmal ein skulp- 
turales Haus von Erwin Wurm zu sehen. Das damalige 
„Narrow House“, das auch auf der Biennale V enedig zu sehen 
war, verkörpert eine eindringliche Metapher über die spric h- 
wörtliche Enge der bü rgerl ichen Mittelschicht der österrei- 
Fat House, 2003 
Fette, aufgeblase- 
ne Kommentare 
zur Konsumgesell- 
schaft 
Karlheinz Pichler 
Erwin Wurm im Kunstraum Dornbirn Dornbirn
	        

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