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Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05

Bibliografische Daten

fullscreen: Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Kultur
Untertitel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
Publikationsort:
Dornbirn
Verlag:
Verein KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048
Strukturtyp:
Band
Sammlung:
Bodensee Bibliotheken
Titel:
Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05
Veröffentlichungsjahr:
2020

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=bsz310869048_2020_05

Artikel

Strukturtyp:
Artikel
Autor:
Füßl, Peter
Titel:
"Demokratie lebt aber von der Luft, vom Offenen, auch vom Risiko des Lebens."
Beteiligte Personen:
Füßl, Peter

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Kultur
  • Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 2020-05
  • Titelseite
  • Inhaltsverzeichnis
  • Corona-Krise - Abgang, (Sonnen-)Aufgang, Absage ...
  • "Wir sind nicht der Nabel der Welt, aber ein Fenster in die Welt!"
  • "Demokratie lebt aber von der Luft, vom Offenen, auch vom Risiko des Lebens."
  • Bildungspolitik in Coronazeiten - ein Chaos!
  • Innovativ-kreatives Musik- und Kulturerleben mit Abstand
  • Kunst, die das Jetzt abbildet
  • Individualverkehr versus öffentlicher Verkehr
  • Programmverschiebungen und Ausstellungsverlängerungen
  • Fette, aufgeblasene Kommentare zur Konsumgesellschaft
  • "Mit Siebenmeilenstiefeln in die Moderne"
  • Vom Wasser ins Internet
  • K3 Kulturvermittlung mit Lehrlingen
  • "Das stehen wir nur eine begrenzte Zeit durch"
  • Grenzen durch Bewegung überwinden
  • Zwischen den Stühlen
  • Von anagrammierten Graffitis, leeren Keramiksprechblasen und kooperativen Modellen
  • Großes Theater von Kindern und Jugendlichen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
  • "Windwerk" schafft einen neuen künstlerischen Entfaltungsraum
  • Augenblick verweile ...! Schafft Spielraum!
  • CD-Tipps
  • Ein unvergleichlicher Schatz
  • Vorletzte Seiten

Volltext

14 Kultur Juni 2020 
Im Umgang mit der Corona-Krise hat sich gezeig t, wie un- 
terschiedlich Men schen mit ihren Ängsten umgehen, aber 
auch wie relativ einfach es ist, Men schen durch das Schüren 
von Ängsten zu manipulieren. Prinzipiell kann man Angst 
in einem vernünftigen Maße ja als Alarmzeichen und somit 
als ein probates Überlebensmittel verstehen, politisch in- 
strumentalisiert kann Angst aber durchaus problematische 
Folgen haben und nicht zuletzt auch die Demokratie gefähr- 
den. Das sind einige der A spek te, die im folgenden Inter- 
view mit dem in freier Praxis in Dornbirn a rbei tenden Psy- 
chotherapeuten und Psychoanalytiker Günther Rösel erör- 
tert we rden. 
Die Illusion, alles im Griff zu haben ... 
Peter Füßl � Als ich mir die ers ten Berichte und Zahlen 
zu Corona und die darauffolgenden Verordnungen der Re- 
gierung anschaute, dachte ich mir: Okay, das ist jetzt eine 
nicht ganz ungefährliche Krankheit, die mich natürlich auch 
erwischen kann. Wenn ich Glück habe, g ehöre ich dann zu 
den 96 % mit ein bisschen Fieber, Kopfweh oder Husten, 
wenn ich Pech habe g ehöre ich zu den paar P rozent von Be- 
t roffenen, die es wirklich böse erwischt, und ich kann auch 
daran sterben. Aber dann ist es halt so, dann ist das mein 
Schicksal. Ich könnte ja auch jederzeit Krebs bekommen, 
einen Schlaganfall oder einen Herzin fa rkt erleiden oder von 
einem Auto überfahren werden . Das gehört zum Leben, ir- 
gendwann stirbt man halt an etwas. Ich verspürte praktisch 
keine Angst, war aber verwundert, wie selbst in meinem 
Bekannten- und Freu ndesk reis viele fast schon panisch re- 
agierten. Kann man in solchen Krisensituationen dieselben 
Informationen wirklich so unterschiedlich wahrnehmen und 
empfinden? Was löst Angst aus? 
Günther Rösel � Du bist halt ein Grieche … Die griechi- 
sche Philosophie fußt ja auf dieser Idee, den Tod mitzuden- 
ken, ihn anzuerkennen als Rahmen des Lebens. Und auch die 
Idee des Schicksals ist wesentlich: Wir haben vieles nicht in 
der Hand, es gibt eben auch immer w ieder ein Unglück, das 
uns treffen kann. Der neuzeitliche Mensch lebt in der Illu- 
sion, er hätte alles im Griff. Die neoliberale Ideologie prop a- 
giert, wir seien unseres Glückes Schmid. Ich denke, jeder 
wurde in dieser Pandemie-Ausnahmesituation auf sich selbst 
zurückgeworfen. Man zeigt, wer man ist. Habe ich schon mal 
eine existentielle Krise erlebt? Wie habe ich sie durchgestan- 
den? Was hat das aus mir gemacht? Bin ich mit mir weiter - 
gekommen? Also, Corona hinterlässt uns ungeschminkter - 
trotz Maske, unmaskierter. Und die Angst drückt aus, wer 
bin ich, wo bin ich mit mir und meiner Welt. Freud hat vom 
„hysterischen Elend“ und vom „gemeinen Unglück“ gespro- 
chen. Ersteres b ezieht sich auf eine hysterische Aufgeregt- 
heit. Im hysterischen Reagieren zeigt sich unsere Infantilität. 
Der Begriff des „gemeinen Unglücks“ meint: Dieses Unglück 
ist uns allen gem ein. Aktuell ist es eben ein Unglück, das wir 
alle aushalten und bewältigen müssen. 
Das geht ins Paranoide und Zwanghafte 
Füßl � Dafür wuchs dann meine Angst – aber auch meine 
Wut – mit praktisch jeder der Verlautbarungspressekonfe- 
ren zen der Regierung. Ich fand zwar, dass anfangs schnell 
reagiert werde n musste und ziemlich viel richtig gemacht 
wurde, zunehmend empfa nd ich die Art und Weise aber als 
bevormundend, überg riffig und vielfach die verfassungsmä- 
ßig garantierten Grundrechte verletzend. Da bekam ich dann 
wirklich Angst, künftig ein fremdbestimmtes, von irgend- 
Günther Rösel: „Mit dieser Hysterisierung wird bewusst   
eine Politik der Angst betrieben. Das Gegenteil von einer   
Politik für mündige Bürger*innen …“ 
„Demokratie   
lebt aber von der 
Luft, vom Offenen, 
auch vom Risiko 
des Lebens.“ 
Peter Füßl 
Interview zu Corona und Angst mit  dem Psychotherapeuten und 
Psychoanalytiker Günther Rösel
	        

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