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Sechster Jahrgang. (6)

Bibliografische Daten

fullscreen: Sechster Jahrgang. (6)

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie e.V.
Titel:
Homöopathische Rundschau
Untertitel:
Monatsschr. für prakt. Heilkunde u. homöopath. Journalistik des Auslandes
Publikationsort:
Leipzig
Veröffentlichungsjahr:
1877
Verlag:
Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen

Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=363763
Strukturtyp:
Zeitschriftenband
Sammlung:
Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie e.V.
Titel:
Sechster Jahrgang.
Band, Heft, Nummer:
6
Veröffentlichungsjahr:
1883

Physikalischer Standort:
EBH, Köthen
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=92022828

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Homöopathische Rundschau
  • Sechster Jahrgang. (6)

Volltext

— 96 — 
Archiv, nicht etwa in einem andern Band oder andern Hefte, 
nein, in unmittelbarem Anschluss an das Vorige: 
Ueber Vergiftung durch Kali chloricum sagen Brou- 
ardel und l'Höte, dass neuere Arbeiten die Aufmerksam- 
keit der Aerzte auf Zufälle lenkten, welche das Einnehmen 
dieses Mittels zur Folge haben kann. Dasselbe, in relativ 
kleinen, aber oft wiederholten Gaben und in nicht allzu 
grossen Zwischenpausen eingenommen, wirkt oft äusserst 
gefährlich und vermag selbst den Tod herbei- 
führen!« 
Wem soll man nun Glauben schenken? Wird man 
nach solchen Auslassungen an competenter Stelle und bei 
solchen Widersprüchen unter den Gelehrten nicht förmlich 
gezwungen, der officiellen, staatlich gelehrten und prote- 
girten Medicin den Rücken zu kehren? 
Ein ehrliches aber fürchterliches Geständniss. 
Durch Schaden (seiner Patienten, speciell durch einen 
das grösste Aufsehen erregenden, tödtlich verlaufenen Fall) 
klug geworden, erklärte Dr. Jostrowitz in der Sitzung vom 
22. Octbr. des Vereins für innere Medicin: 
»Es ist mir aufgefallen, in diesem so unglücklichen und 
in anderen Fällen, dass, wo sofort, noch vor dem Auftritt 
ordentlicher secundärer (syphilitischer) Erscheinungen, 
eine Schmiercur durchgeführt wurde — in dem fraglichen 
Falle aber waren nach dem geistreichen allopathischen 
Principe: »der Bien muss!« mehrere solche Schmiercuren 
vorgenommen worden — öfters schwere Erkrankungen 
innerer Organe, auch des Hirns, folgten. Andererseits 
sah ich solche Fälle günstig verlaufen, welche die Syphilis 
von vornherein gleich im ausgesprochenstenMaasse hatten, 
z. B. bei einem Individuum, wo Maculae, Papeln und alle 
möglichen Ulcera vorhanden waren, wo erst nach vollem 
Ausbruch derselben mit der Schmiercur vorgegangen wurde 
und bis heute seit nahezu 20 Jahren kein Recidiv erfolgt 
ist. Nach dem Erfolge beider Behandlungsweisen glaube 
ich daher, dass es vortheilhaft ist, zuerst den ordentlichen 
Ausbruch der Symptome abzuwarten und womöglich zu 
befördern — also aus einem Extrem in's andere zu fallen! 
wie erzrationell! — um dann erst eine antisyphilitische 
Cur zu instituiren *). 
*) Man verschaffe sich die Nummer vom 31. Octbr. 1883 
der Deutsch. Medicin. Wochenschrift (Redacteur Dr. P. Börner 
— Druck und Verlag von G. Reimer, Berlin), dort findet man 
S. 642 den obigen Fall näher beschrieben. Man weiss hier in 
der That nicht, ob solche Leetüre mehr den Mediciner oder 
mehr den Staatsanwalt interessirt. Und wer noch nicht Homöo- 
path ist, wird es nach dem Durchlesen dieser allerWissenschaft 
Hohn sprechenden Tragödie. — Warum wusste Dr. Jostrowitz 
nicht, was dem Homöopathen Dr. Bicking bekannt war — S. 
w. o. pag. 94 unter Arsen — dass Bluter Quecksilber durch- 
aus nicht vertragen? 
Auch Liebreich scheint übele Erfahrungen gemacht zu 
haben mit der Cur, bei welcher die Patienten unter allen 
Umständen »die Angeschmierten« sind. Denn er sagt bei 
derselben Gelegenheit: 
»Von der ganzen Reihe der Quecksilberpräparate, die 
zur Behandlung der Lues dienen, lassen oft selbst wichtige 
Mittel wie das Quecksilber als Schmiereur, im 
Stich.« 
Literatur. 
1) Hasse, Dr. C. (Pseudonym), Ueber facultative Sterili- 
tät, beleuchtet von prophylaktischen und hygieinischen 
Standpunkte für praktische Aerzte und Geburtshelfer. 
Dritte verbesserte und vermehrte Auflage. Leipzig und 
Neuwied, 1883, Heuser. Preis 1 M. 50 Pf. 
Die Idee, dem Unglück, welches entspringen kann und 
notorisch entspringt aus unverhindertem, wenn auch legi- 
timen, sexuellen Umgänge, die Folgen einer Ueberproduc- 
tion von Nachkommen zu paralysiren, hat auf den ersten 
Augenblick etwas Befremdendes, so zu sagen Irreligiöses. 
Legt man aber der Idee und der Lösung des Problems den 
moralischen Standpunkt des Autors zu Grunde, so tritt eine 
andere günstigere Stimmung der Kritik ein. 
»Das wahreGlück einerEhe,« heisst esS. 9,»welchekeines- 
wegs einen physiologischen, sondern vielmehr einen auf 
physiologischer Basis stehenden ethischen Zweck hat, ist 
nicht zum Wenigsten bedingt durch vollkommene Gesund- 
heit beider Ehegatten, also durch möglichst gute physische 
und psychische Harmonie in allen Lebensphasen. Wo diese 
gefährdet ist, leiden beide Gatten, zum ersten aber nach- 
haltig die vorhandenen Kinder. Sollen aber die Kinder ge- 
deihen, so ist es Pflicht, dem Weibe, der Mutter, das Leben 
und die Gesundheit vor Allem zu erhalten.« 
In welcher Weise Verf. weiter begründet, dass die An- 
nahme dieser Lehre oder praktischen Entdeckung, Familien 
vor Schädigung der Gesundheit und bis zur Verzweiflung 
führenden Elend erretten kann, davon möge sich der Leser 
aus der fleissigen Statistik des Buches überzeugen und be- 
lehrenlassen; letzteres verdient als ein neues und originelles 
mindestens unparteiische Beachtung aller Menschen- 
freunde nud Hygieniker. 
Manches schauerliche Familien-Drama, wie man sie leider 
aus grossen Städten tagtäglich lesen kann — erst heute 
durchläuft die Nachricht eines entsetzlichen Doppelmordes 
die Zeitungen, den ein unglücklicher dem Verhungern preis- 
gegebener Vater inMUhlhausen an seinen 2 Knabenbegangen 
— würde nicht geschehen, wenn ein verständiger Ausweg 
zu finden wäre aus dem hier vorliegenden Dilemma. Also 
nur die peinlichste Abwägung der Umstände finde statt, ehe 
man sich abwehrend 'verhält gegen irgendwelche reforma- 
torische Bestrebung auf diesem heikelen Gebiete. Halten 
wir uns schliesslich an des Verfassers eigene Worte; welcher 
Gedanke leitete seine kühnen um nicht zu sagen verwegenen 
Bestrebungen? »Wo das Leben,« sagt derselbe, »die Gesund- 
heit und Wohlfahrt der Mutter durch fernere Gravidität 
(gleichviel welche Nebenumstände dieses bedingen) irgend- 
wie gefährdet erscheint, ist es Pflicht des Menschenfreundes, 
Conception zu verbieten, facultative Sterilität eintreten 
zu lassen«. 
Verantwortlicher Redacteur : 
Dr. (Joullon in Weimar. 
Verlag 
von Dr. Willmar Schwabe in Leipzig. 
Druck 
von Breitkops & Härtel in Leipzig.
	        

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