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Nellenburger Bote, Jg. 1877 (17)

Bibliografische Daten

fullscreen: Nellenburger Bote, Jg. 1877 (17)

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Archive im Landkreis Konstanz
Titel:
Nellenburger Bote
Publikationsort:
Stockach
Veröffentlichungsjahr:
1861 - 1906
Verlag:
Fabian Sebastian Gulde'sche Buchdruckerei

Physikalischer Standort:
Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=522493-7
Strukturtyp:
Zeitschriftenband
Sammlung:
Archive im Landkreis Konstanz
Titel:
Nellenburger Bote, Jg. 1877
Untertitel:
Verkündigungsbl. für d. Großh. Amts- und Amtsgerichtsbezirke Stockach und Meßkirch
Band, Heft, Nummer:
17
Publikationsort:
Stockach
Veröffentlichungsjahr:
1877
Verlag:
Eduard Stadtmann
Größe der Vorlage:
folio

Physikalischer Standort:
Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=522493-7_1877

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Nellenburger Bote
  • Nellenburger Bote, Jg. 1877 (17)

Volltext

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2 — 3 9 7— * — 9 
AII J 0 * 
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9 5* 
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37 ß 7 4 JV 
Erscheint wöchentlich Zmal, Dienstag, Donnerstag und Samstag und kostet jahrlich ohne Postzuschlag 4 M 40 8. Insertions⸗Gebühren werden 
die viergespaltene Bourgiszeile oder deren Raum mit 10 4 berechnet. 
Ar. J. Donnerstag den 4. Januar Stadtarehsv 1877. 
—RS————⏑—⏑⏑ ——⏑— —— * 
OAMAOæ M 
Jufruf an das badische Jolk. 
¶. Bad. Corresp.“) 
Mitbürger!“ 
Der Tag der Wahlenzumdeutschen 
RKeichsstage naht heran. 
Am 10. anuar k. J. wird das deuische 
Volk eine neue und ernste Probe seiner poli— 
tischen Einsicht, seiner Vaterlandsliebe und Ge— 
innungstreue zu bestehen haben. 
Der hohe Kampfpreis dieses Tages ist 
die Erringung erneuter Sicherheit für die Fort- 
dauer einer ruhigen, immer tiefer und mächtiger 
ortschreitenden Entfaltung des gemeinsamen 
Raatlichen Lebens der Nation im Reiscche, dem 
auf den Schlachtfeldern geschlossenen Einheits⸗ 
dunde des deutschen Volkes. 
Das Reich bedeutet uns vor Allem das 
weite und großartige Arbeitsgebiet für die öffent— 
lichen Bestrebungen des gesammten deutschen 
Volkes, auf dem während der kurzen Zeit seines 
Bestandes die wichtigsten, füc alle Deutsche 
gleichmäßig segenbringenden Einrichtungen er— 
rungen worden sind. Seine durch Kaiserwort 
verbürgte Verfassung gewährt und Badenern die 
Sicherheit ungestörter Fortentwicklung unseres 
Jücklichen Heimathsstaates mit seinem Reich 
thum werthvoller Ueberlieferungen eines frei— 
heitsliebenden und gebildeten Volkes, denen 
auch die jüngste Vergangenheit und die Gegen 
wart eine ebenbürtige Zahl schöner nund volls 
hümlicher Errungenschaften beigefügt haben. 
Der Besttz der Rechtsordnungen eines wirk 
lichen Verfassungsstaates ist Baden früher 
und reichlicher zu Theil geworden als den meisten 
deutschen Landen. Edelgesinnte Fuͤrsten, her⸗ 
borragende Staatsmänner und eine bürgerlich 
freisinnige, treu ihre Aufgaben erfüllende Volks— 
vertretung haben es verstanden, aus diesem 
Verfassungswerke reiche Früchte der öffentlichen 
Freiheit und der Volksbildung hervorgehen zu 
assen. Beweise hiefür sind: die Einrichtungen 
Badens für freie Selbstverwaltung des Volkes 
m Gemeindeleben, in den Bezirksräthen und 
Kreisvertretungen, in der allseitigen Fürsorge 
des Staates für die Geistesbildung, wie fuͤr 
die religids-sittliche Erziehung der Jugend, in 
der Volksschule und den höheren Bildungsan⸗ 
dalten. Beweise sind: der seit Jahren gesicherte 
Bestand unabhängiger Richter, auch für die 
Streitfragen des öffentlichen Rechtes. Nicht 
Anlösbare Ketten. 
Roman aus dem Leben einer Frau 
von F. Klinck. 
Erstes Kapitel. 
Eine seltsame Heirath. 
Ein unfreundlicher, naßkalter Novembertag neigte 
ich seinem Ende entgegen. Große Regentropfen 
schlugen gegen die Fenster, und um den Giebel des 
weistöckigen, unfreundlichen Hauses pfiff ein schnei⸗ 
dender Nord · West. 
In einem wohnlich eingerichteten Gemache be— 
sanden sich der Advorat Werner und seine einzige 
Tochter, ein schoͤnes, junges Mädchen von neunzehn 
Jahren. Die von Beiden geführte Unterhaltung 
mochte nicht sehr freundlich sein. Margarethens 
Augen waren vom Weinen geröthet und ihr Vater 
zurchmaß mit großen Schritten das Gemach. 
Endlich blieb er vor seiner Tochter stehen. 
„Sei kein Kind, Margarethe,“ sagte er in 
von unseren Gegnern, sondern von Vertretern 
der liberalen Richtung sind die freistnnigen Ge— 
setze des Landes uͤber Presse und Vereinswesen 
zeschaffen worden. Mit Stolz dürfen wir unter 
Anderem darauf hinweisen, daß die im Reichs⸗ 
tag vor Kurzem so viel vestrittene Zuständigkeit 
der Schwurgerichte zu Avburtheilung politischer 
Preßvergehen, — welche uns Babenern auch 
nach dem Beschlusse des Reichstags erhalten 
»leibt, — durch die Männer der nationalen 
und liberalen Mehrheit unserer Volksvertretung 
errungen worden ist. 
Ganz in dem gleichen Geiste, aus dem 
Badens freisinnige, dem humanen 
und bürgerlichen Fortschritte auf 
allen Gebietendes Staates dienende 
Gesetzgebung entsprungen ist, sollen 
unsere Vertreter im deutschen Reichs 
tage wirken. 
Das sei die Ehrenaufgabe unseres Staates 
ind Volkes! Fuͤr die edeln Ziele, welche den 
Vätern in unseren konstitutionellen Kämpfen am 
zöchsten standen, wollen auch wir, als ihrer 
würdige Nachfolger, mit ganzer Thatkraft ein 
stehen. Mitbürger! Darum werdet Ihr Euch 
nicht irreführen lassen von jenen, welche in den 
schwersten Kämpfen für die wichtigsten Güter 
unseres Volkes seit Jahren als Feinde uns 
zegenüberstanden. Ihr werdet Euch auch nicht 
cäuschen lassen durch die liberal klingenden 
Phrasen von Männern, deren wahre Grundfätze 
vir Alle stets kennen gelernt haben in den 
Zeiten des Darniederlegens des freisinnigen 
Bolksgeistes und der Blüthe der Realtion. 
Sollte es heute in der That noch gestattet 
ein vor Euch vom „Militarismus“ zu 
prechen, nachdem doch Regierung und Volk in 
Baden einst, zur rechten Stunde, in Voraussicht 
der kommenden Dinge füuͤr jene treffliche Heeres⸗ 
nusrüstung Sorge getragen, welche allein die 
apferen Söhne unseres Vaterlandes in Stand 
gesetzt hat, durch ihren stegreichen, dem ruhm 
ollen Andenken der Geschichte angehörenden 
Kampf unsere blühenden Städte und Dörfer 
vor dem Einbruche feindlicher Heerschaaren zu 
bewahren? 
Oder wird das freistnnige Volk Badens ge— 
villt sein den gleißnerischen Versicherungen der 
Manner Glauben zu schenken, welche sich als 
die einzig Vertrauen verdienenden Beschützer der 
Volksrechte darstellen, während jene fremde 
volitisch-kirchliche Gewalt, der sie sich 
noch immer gereiztem Tone. „Fürwahr, wer Dich 
in diesem Augenblicke sähe, sollte schwerlich glauben, 
daß Du in wenigen Stunden die Gattin eines der 
schoͤnsten, liebenswürdigsten und angesehensten Män⸗ 
ner unserer Residenz sein wirst. Welchem jungen 
Maͤdchen eröffneten sich eine solche Aussicht für die 
Zukunft? Du bist schön und reich. Dir fehlte 
nur eine glänzende Stellung und diese wirst Du 
nun bald eingenommen haben. Was Du von Liebe 
und dergleichen romanhaften Dingen sprichst, ver⸗ 
stehe ich nicht. Wir leben in einer zu materiellen 
Zeit, als daß es nicht vernünftiger von Dir wäre, 
wenn Du jetzt mit dem vollen Bewußtsein Deiner 
Würde Dein Glück annähmest, anstatt Dich nutz⸗ 
losen Klagen hinzugeben. Du hast stets nach jener 
Sphäre geseufzt, die für Dich, als die Tochter eines 
rinfachen Advocaten, unerreichbar war, und dies 
bewog mich zum Theil, Dir einen Gatten zu suchen, 
der Dich dort einführen konnte, wenn es auch —- 
ch bekenne dies offen — nicht mit meinen innigsten 
Wünschen übereinstimmte. Einen Rückschritt giebt 
ꝛ8 nicht mehr. Margarethe, willst Du vielleicht 
durch Deine unzeitige Sentimentalität das Mitleid 
Deines zukünftigen Gatten erregen?“ 
knechtisch unterwerfen, nicht nur die Forderungen 
einer wirklich freien Presse, sondern die uns vor 
Allem hochstehende Freiheit des religidsen Be⸗ 
lenntnisses feierlich als sündhafte Irrthümer er⸗ 
klaͤrt hat! 
Fürwahr, die Bürger und Bauern des frei— 
jeitsliebenden badischen Volkes sollten heute 
auch keiner besonderen Warnung mehr bedürfen, 
daß sie den Schein und die Wahrheit richtig 
anterscheiden moͤgen bei den Versicherungen jener 
neuen Beschützer, welche ihnen die allein 
wirksame Abhülfe versprechen in den wirthschaft- 
lichen Uebelständen der Gegenwart und ganz 
insbesondere ihre großen Verdienste hervorheben, 
welche sie für die Erleichterung unserer länd- 
lich ein Bevölkerung sich zu erwerben gedenken — 
während sie es doch nicht leugnen können, daß 
sie gewillt sind, den altbekannten Namen der 
reaktionären preußischen Junkerpar— 
te i Heeresfolge zu leisten. Werdet Ihr Badener 
es nicht als eine unerhörte Keckheit erklären, 
daß gerade die se Partei, welche je dem bür⸗ 
gerlich freistnnigen Fortschritte von jeher feind⸗ 
elig entgegenstand und darum vor dem Urtheile 
»er Bürger und Bauern Norddeutschlands zur 
gedeuungslosigkeit herabgekommen ist, ihre 
Fahne inmitten unserer liberalen Bevoͤlkerung 
aufzupflanzen wagt? 
Ihr werdet unserem Lande dafür Genug⸗ 
thuung zu verschaffen wissen. 
Mitbürger! Ernst und vielbedeutend ist die 
Enscheidung der Kämpfe am 10. Januar. Kein 
einziger von Euch darf zurückbleiben! Wahren 
wir Alle die Ehre Badens — handle Jeder so, 
wie wenn in seine Hand allein die ganze Ent⸗ 
scheidung gelegt wäre! 
Laßt uns einmüthig einstehen für 
die Macht und Stärke des nationalen 
Reiches! Vaßt uns nur Männer wählen, 
deren durch die Thet bewährter Wille dahin 
geht, im Reichstage im Geiste des frei—⸗ 
heitlichen Fortschrittes zu wirken, 
der allein das Glück des badischen 
Volkes begründet hat! 
Mannheim, 21. Dez. 1876. 
Der Landesausschuß der nationalen 
und liberalen Partei in Baden: 
Kiefer. Lamey. Bluntschli. 
Fridrich. Paravicini. Pflüger. 
— 3 — 
Das junge Maäͤdchen richtete sich entschlossen 
auf und trocknete mit dem kostbaren Spitzentuche 
ihre Augen. 
„Du hast Recht, mich daran zu erinnern, Va⸗ 
der, ich will mich in das Unabänderliche fügen, ob- 
wohl ich mir meinen Hochzeitstag anders gedacht 
habe. Etwa mit mehr Pomp“ — fügte sie, iro⸗ 
aisch um sich blickend, hinzu — „ich dachte nicht, 
zaß ein Graf sich bei Racht und Nebel in einer 
Dorfkirche trauen lassen würde. Aber Du hast 
neinen Wuͤnschen entsprochen und ich schulde Dir 
inter allen Umständen Dankbarkeit, mag die Zu⸗ 
cunft sich für mich gestalten, wie sie will.“ 
Froh, daß seine Tochter den Gegenstand fallen 
ließ, eilte Advocat Werner hinaus, um, wie er 
'agte, noch Einiges anzuordnen, während Marga⸗ 
reihe auf das kleine Sopha des äußerst jeinfach 
noͤblirten Zimmers niedersank, sich ihren keineswegs 
heiteren und sorglosen Gedanken zu uͤberlassen. 
Welch ein Sturm von Gefühlen durchtobte ihr 
Inneres! Wie klein und erbärmlich kam sie sich 
dor! Wie mußte ihr zukünftiger Gatte von ihr 
denken, daß sie aus Leichtsinn und Eitelkeit Alles 
das geopfert, waß das Leben des Weibes einzia
	        

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