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Hegauer Erzähler. Verkündigungs-Blatt für den Großh. Amts- und Amtsgerichts-Bezirk Engen, Jg. 1901 (61 [60])

Bibliografische Daten

fullscreen: Hegauer Erzähler. Verkündigungs-Blatt für den Großh. Amts- und Amtsgerichts-Bezirk Engen, Jg. 1901 (61 [60])

Strukturtyp:
Zeitschrift
Sammlung:
Archive im Landkreis Konstanz
Titel:
Hegauer Erzähler
Publikationsort:
Engen
Verlag:
Theophil Schneider's Buchdruckerei

Physikalischer Standort:
Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=3066108-0
Strukturtyp:
Zeitschriftenband
Sammlung:
Archive im Landkreis Konstanz
Titel:
Hegauer Erzähler. Verkündigungs-Blatt für den Großh. Amts- und Amtsgerichts-Bezirk Engen, Jg. 1901
Band, Heft, Nummer:
61 [60]
Publikationsort:
Engen
Veröffentlichungsjahr:
1901
Verlag:
Theophil Schneider's Buchdruckerei
Größe der Vorlage:
28,0 x 40,7 cm

Physikalischer Standort:
Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen
Persistente Url:
https://www.digishelf.de/piresolver?id=3066108-0_1901

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

  • Hegauer Erzähler
  • Hegauer Erzähler. Verkündigungs-Blatt für den Großh. Amts- und Amtsgerichts-Bezirk Engen, Jg. 1901 (61 [60])

Volltext

In 4 
— 3210— 
em achtseitigen .Allustrierten Underualtunnablatt“ als Gratiebeilage. 
Au 
—V— 
——— * 
rvscheinc vohchentlich drei mal 
ncag, Rittwoch uud Frettag. 
evierteljaͤhrlich 1M 20 Pij. 
rei es Hans 1 Mtk. 74 Pf. 
Engen, Mittwoch, 2. Januar 1901. 
seee end her 
ie ei e eile oder 
deren Aez e 7— 20 ßl Jahrgaut 
— 
r heutigen Nummer liet der Ward⸗immer lauteren Geschäftskniffe, um die Konkurrenz 
53Galender für 19000 w.e4i. )er Hrauereien, die mit minder großen Kapitalien 
arbeiten, aus dem Felde zu schlagen, führten natur 
jemäß zur Reaktion. Man bedenke nur, welche 
Ansummen in den letzten zehn Jahren von den 
uktienbrauereien hinausgegeben wurden zur Er—⸗ 
»auung und Ausstattung von „Bierpalästen“, 
ür Ankauf betriebe fähiger Kleinbrauereren uud für 
Erwerb von Wirtschaften in Städten 
ind Dörfern. Hätte man demeuntfprechend 
zurch Herstellung guter Biere dafür gesorgt, daß 
venigstens der Ausschank in demselben Maße zu 
jenommen hätte, so wären die Kapitalanlagen zum 
Teil rentabel zewesen. Leider stand aber östers 
die Büte des Aktienbiers im umgekehrten Verdält⸗ 
aisse zur Pracht der Bierlokale. Tiftelige Direktoren 
;rsannen die unglaublichsten Beftimmungen in den 
vachtverträgen, um die Pächter der Wirt⸗ 
chaften und die unglückseligen Zaäͤpfler zu zwingen, 
jas Aktien⸗Bier an den Mann zu bringen. Zahl—⸗ 
ose ehrliche Existenzen sind die Opfer piofit⸗ 
süchtiger Pachtverträge geworden; sie mußiten ihre 
dautionen in den unersättlichen Schlund der Uktien⸗ 
gesellschaften werfen und sie waren schließlich schlim⸗ 
ner daran, als wenn sie nie etwas befessen 
hätten, da sie meistens noch ihren Ruf als 
ordentliche Geschäftsleute eingebüßt hatten. Aber 
alle diese Versuche, durch Zwangs⸗- Maßregeln 
das biertrinkende Publikum an den Genuß der 
Dividenden Brühe“ — Herr Abg. Lauck hat 
unseres Wissens in der II. Kammer diesen Aus— 
ruck „parlamentarisch“ gemacht — zu gewöhnen, 
jatten wenig Erfolg; Männer, die auf ihr Reno⸗ 
nee als Bierkenner Wert legten, mieden die Bier⸗ 
»aläste der Aktienbrauereien und blieben dem 
olideren Stoff der mittleren und lleineren Brauereien 
reu, womit noch keineewegs behauptet werden will, 
s hätten letztere sich in alen Stücken von den 
—DD— 
Um die kleineren Brauer vollends zu erdrücken, 
etzten die Aktienbrauereien für ihre Kunder wirte 
ind die Flaschenb erhändler Preise an, die dem 
Zelbstkostenpreis sehr nahe kamen, so daß sie 2 
»is 3 Miark unter dem Durchschnitispreis das 
dektoliter an die Wirtschaften auswärts lieferten. 
Damit hörte der Gewinn bald auf; die Folge 
eigt sich jetzt darin, daß keine Dividenden an die 
Aktionäre gezahlt werden können. Jetzt ist Polen 
nn Not; nun sinnen die Aussichtsräte und Direktoren 
vieder auf Mittel, wie sie das Geschäft wieder 
sewinnbringend gestalten bönnen. 
Aehnlich liegen übrigens die Verhältaisse in dem 
roßk-Aktienmükßslenwesen. Schlechte Ge⸗ 
chäftsabschlüsse deuten auf die schlechte Lage der 
Müllerei hin. Die Großmühlen schieben die 
Schuld auf Ueberproduktion (an der sie selbst 
chuld sind!) und auf „Erschwerung des Mehl⸗ 
Erporis“! 
Die Großmüller geben ebensowenig wie der 
Zroßbrauer den wahren Grund ihrer wirfschaft⸗ 
lichen Kalamität an: ihre Preisdrückerei, 
im die Konkurrenz der Kleinen zu beseitigen; sie 
chieben die Schuld auf den Export, auf das neue 
ALusfuhr Regulativ, wie die Großbrauer das gute 
Weinjahr für die Krisis verantwortlich machen 
möchten. 
Das in den Großbrauereien und in den Groß 
nühlen festgelegte Kapital wird möglicherweise 
jetzt ein paar Jahre bdrach liegen, ein unange⸗ 
nehmer Schlag für alle, die es trifft. Wir glauben 
aber, daß man den Rückschlag vom volkswirt⸗ 
ichaftlichen Standpunkte aus nur als eine natur 
zemäße Folge durchaus ungesunder Verhältnisse 
ansehen muß. Auch diese Großmühlen haben ihr 
dauptbestreben solange auf die Vernichtung der 
donkurrenz der kleineren Wühlenbe riebe gerichter, 
his sie selbst — wenn ihren Klagen zu trauen ist! — 
in der Grenze des gewinnbringenden Betrlebs an⸗ 
elanat sind sFeb St) 
Die Geretteten der „Gneisendu“ 
ind am Montag in Wilhelmshaven bei schwerem 
Schneesturm angekommen und soweit sie unverletzt sind 
ofort in die Heimat beurlaubt worden. Ueber ben 
Antergang des Schiffes liegt jetzt die Schildecung 
eines Augenzeugen, des Pastors Elfert in Wialaga, 
vor. Er erzählt in einem Briefe: Die „Gneisenau“ 
sag unmittelbar vor dem Hafen vor Unker, höch⸗ 
tens 500 Meter von der Hasenmole entfernt. 
Begen halb 11 Uhr sprang plötzlich der Wind, der 
porher aus Süd-West geweht hatte, in Süd Ost 
um, der gefährlichste Wind für alle in der Nähe 
der hiesigen Küste befindlichen Schiffe. Dieser 
Süd⸗ Ost setzte aber gleich mit solcher furchtvaren 
Stärke ein, daß das Schiff urptötztich, von dem 
Ankerplatz getrieben, in die Bradung geriet, und 
he irgend etwas von Seiten der Gesatzung dagegen 
geschehen konnte, gelentert war. Bald nach 11 Uhr 
chon ragten nur noch die Masten aus dem Wasser 
jeraus. Von der Brandung kannst Du Dir eine 
leine Vorstellung machen, wenn Du hörst, daß die 
Wellen über di⸗ circa vier Meter hohe Role noch 
twa ebenso hoch, wie die Mole selbst ist mitunter 
sinwegschlugen. Die Rettung der etwa 50 Personen, 
sie in den Mastspitzen hockten, wird folgendermaßen 
reschrieben: Es aalt nun vor alles Dingen, die 
auf den „Hegauer 
Erzähler“ köunen 
mmer noch bei allen 
— Poostanstalten, Brief⸗ 
trägern und Postboten gemacht werden. 
Die heutige Nummer, sowie den Wand Kolender 
für 1901 liefern wir auf alle noch eingehenden 
Beftellungen kostenlos nach. 
Wir freuen uns, schon heute konstatieren zu 
können, daß sich unsere Erwartung, der kieine Auf⸗ 
schlag des Abonnements, den wir, wie die andern 
HZeitungen, auf Neujohr haben eintreten lassen 
müsse?, werde dem „Hegauer“ keinen Ausfall 
an Abonnenten bringen, glänzend erfüllt hat. Die 
Abonnentenzahl hat auch in diesem Quartal, 
nicht nur gegenüber dem letzten, sondern auch im 
Vergleich mit dem ersten Quartal 1900 wieder 
zugenommen. 
Wir dürfen in dieser erfreulichen Thatsache ge— 
wiß den Beweis erblicken, daß unsere Leser die 
Peühe und Sorgfalt, die wir auf den Inhalt und 
die Ausstattung des „Hegauers“ verwenden, aner⸗ 
kennen. Wir werden auch fürderhin, unierstützt 
von einer stattlichen Zahl erprobter, treuer Mit. 
arbeiter, alle wichtigen Fragen selbstständig 
und frei in volkstümlicher Sprache behandeln, 
und das Vertrauen unstrer Leser durch die Haltung 
des Blattes rechtsertigen. 
Die Redaktion. 
Zur Lage der Großbrauereien. 
Die oberbadischen Großbrauereien haben in den 
letzten Tagen die Aufmerksamkeit dadurch auf sich 
getenkt, haß aus ihren Jahresberichten eine gewisse 
zeschästliche Notlage dieser Aktien-Unternehmungen 
hervorgeht: sie können teilweise keine 
Dividenden verteilen, eine etwas unangenehme 
Ueberraschung für die Herren Aktionäre, da sfie 
bisher gewohnt waren, jaͤhrlich ihre 8, 10 oder 
noch mehr Prozent Dividenden in die Tasche zu 
stecken. Jeder ruhig beobachtende Mann mußte 
sich sagen, daß der Rückschlag einmal kommt; 
aber die Aufsichtsräte wollten es nicht gelten lassen 
und die Aktionäre wollten es nicht glauben. Jetzt 
ist der Rüchschlag eine positive Thalsache, mit der 
in Rechenschafisberichten gerechnet werden muß. 
Die Ursachen liegen auf der Hand. Das gute 
Weinjahr khat den Rüchschlag wohl beschleunigt, 
aber nicht verschuldet; er wäre auch bei mittleren 
Weinertranisien nicht ausdgebliehen Die nich 
Wie Frauen lieben. 
Nonelle von Max Nordau. 
— Machdrud verboten.) 
Es war am 1. November 1878. Die Pariser 
Weltausstellung war geschlossen, und Herr dudolf 
Weltli schickte sich an, in seine Heimat, die Schweiz, 
zurückzukehren, nachdem er schoöne sonnige vierzehn 
Tage an der Seine verlebt hatte. Sich selbst 
zegenüber hatte er den großen Bazar auf dem 
Marsfelde zum Vorwande der Reise genommen; 
nn Wirklichkeit aber war ihm das Siudium der 
Ausstellung, so viel des Interessanten sie auch ihm, 
dem Ingenieur, bieten mochte, etwas durchaus 
Nebensächliches, und er benützte seinen Pariser 
Aufenthalt vornehmlich zu Spaziergängen durch 
die Straßen, zu Ausflügen ia der ümgebung, zu 
Wanderungen durch die Museen, mit einem Worte 
zu endlosen Pilgerfahrten nach all den Schauplätzen, 
auf denen sich mehr als ein Vierteljahrhundert 
oorher drei Jahre lang sein Pariser Studentenleben 
abgespielt hatte und deren Bild mit seinen teuersten 
Jugend⸗Erinnerungen verwoben war. 
Ein Vieteljahrhundert! Fast ein Menschenleben. 
Und während dieser langen Zeit hatte er Paris 
aicht wiedergesehen. Als er es verließ, geschah 
es mit dem Vorsatze, recht bald und recht oft 
wiederzukommen. Aber wie das schon so zu gehen 
pflegt: das Leben widersetzte sich griesgrämig dieser 
röhlichen Absicht. Er lag in den Ketten der 
zflicht, und nur die Phantasie durfte sich Wander— 
züge in die lockende Ferne erlauben. 
Wer seine erste Romfahrt macht, der wirft in die 
Fontana Trevi ein Geldstück, um sicher zu sein, daß 
ꝛr die ewige Stadt noch einmal schauen werde. 
In Paris braucht man sich nicht durch solche kleine 
ibergläubische Praktiken zu binden Sein geheim⸗ 
nisvoller Zauber wirkt ohne Vermittelung einer 
zfandschaft und lockt und zieht den Abwesenden, daß 
r nicht ruht, bis er wiederkehrt. Doch weshalb 
iesen Zauber blos Paris zuschreiben? Jeder Ort 
esitzt ihn, wo wir jung gewesen sind, geträumt, ge— 
ebt und gelitten haben Wir fühlen für ihn Zärt⸗ 
ichkeit, die der Pflüger für den Acker hat, dem er 
ein Saatkorn anvertraute. Wir haben das Verlangen, 
achzusehen, ob wir wohl noch Spuren unseres 
Wandelns antreffen, uud sind froh erstaunt, wenn 
vir finden, daß überall, wo wir unsere Jugend, das 
zeste Teil unseres Selbst, ausgesäet haben, Anderen 
msichtbar, uns aber greiflich wirklich, ein reicher 
Feldsegen von Erinnerungen aufgegangen ist 
Jedes Jahr plante Rudolf die Pariser Reise, jedes 
zJahr mußte er sie auf das nächste vertagen und er 
zegann schon sich allmählich in eine schwermütige 
Resignation hineinzugewöhnen, als die 1878er Welt⸗ 
zusstellung den äußern Anstoß zur Verwirklichung 
der lang genährten Absicht gab. 
Die Ferienwochen, nach denen sein Sinn so viele 
Jahre gestanden, waren rasch wie ein Traum ver— 
Jogen, und es galt, sich wieder das Alltagsjoch der 
Berufsarbeit aufzuhalsen. Der letzte Tag seines 
Pariser Auf⸗nthalts fiel auf Allerheilizen Rudolf 
henützte ihn mit der großen Mehrzahl der Pariser 
um Besuche der Kirchhöfe. Die ersten Nachmittags⸗ 
ttunden verbrachte er auf dem Peere Lachaise, wo er 
reben alten wohlbekannten Gräbern die seit seiner 
pariser Zeit neu hinzugekommenen Denkmäler Mufsets, 
Rossinis, Michelets, Regnaults, der Gräfin d'Agoult 
und anderer Berühmtheiten mit großem Interesse 
hesichtigt.. Vom Peere Lacha'se fuhr er nach dem 
Montmartre⸗Friedhofe, wo er bloß auf Heines Grab 
einen Immortellenkranz niederlegen wollte. Einmal 
da, mochte er jedoch nicht weggehen, ohne sich auch 
hier ein wenig umgethan zu haben. 
Langsam schlenderte er in den Gräbergassen hin, 
in denen sich zwischen banalen Steinp atten und 
mansehnlichen Eisenkreuzen in kurzen Abständen 
zrunkende Denkmäler erheben, die nur selten durch 
inen auf ihre Stirne geschriebenen stolzen Namen 
hre Berechtigung darthun, die Aufmerksamkeit des 
Wanderers auf sich zu ziehen, während sie in der 
RKegel bloß monumentale Beweise einer über das 
Hrab hinaus reichenden Eitelkeit der armseliaen 
»unkeln Menschenkinder sind, der n Asche sie beder 
zergen. 
Die Gräber waren für den großen Festtag der 
Toten mannigfach geschmückt. Die schmalen Gäsige
	        

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